Diese Welt soll ein Gott gemacht haben?- 
Nein, eher ein Teufel

 Schopenhauer ,

umstrittener, ignorierter und dann doch zu spätem Ruhm gelangter Philosoph des Pessimismus, erhebt den Willen zum bestimmenden Prinzip, zum Ding an sich, und vollzieht damit die das 20. Jahrhundert prägende Wende von der Vernunft zum Trieb. Er lebte von 1788 bis 1866.

Er war der Philosoph, der dem Bürgertum des späten 19. Jahrhunderts die pessimistisch-ästhetische Weltanschauung lieferte. Erst nach dem Tode des Vaters, der ihn zum Kaufmann machen wollte, konnte Schopenhauer seinen Neigungen folgen und in Göttingen Philosophie studieren. Er beschäftigte sich mit Platon und Kant. Aufgrund seines Erbes bis zum Tode finanziell unabhängig, bezog er 1811 die Universität Berlin. In Jena promovierte er 1813 mit der bedeutenden Arbeit "Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde" zum Doktor. Einer der ersten Leser der Arbeit war Goethe, mit dem Schopenhauer über seine Mutter, eine damals beliebte Reiseschriftstellerin, bekannt wurde. 1819 erschien das Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung". Die Wirkung - berühmteste Bewunderer wurden Richard Wagner und Friedrich Nietzsche - setzte nach 1850 ein. Alle anderen Werke Schopenhauers, etwa "über den Willen in der Natur" (1836) und "Parerga und Paralipomena" (1851), führen nur den Grundgedanken des Hauptwerks aus, zu dem 1844 ein zweiter Band erschien.

Schopenhauers Philosophie ist formelartig bereits im Titel des Hauptwerks enthalten. Die erscheinende Welt ist, in Weiterentwicklung von Gedanken Kants, dem Subjekt als Vorstellung gegeben. Das ist sozusagen die Außenansicht der Dinge. In dieser Welt gilt der Satz vom Grund. Von innen her gesehen, und Schopenhauer verallgemeinerte hier Ergebnisse einer eindringlichen Selbstbeobachtung, ist das herrschende Prinzip ein blinder und unvernünftiger Wille, der nur sich selber will und seine Machtsteigerung. Er setzt sich im Lebenswillen der Pflanzen ebenso durch wie in den anscheinend zweckfreien Gebilden der Geistigkeit. Er benutzt in der Liebe die Individuen und beherrscht im Machttrieb die Geschichte. In der Musik spricht er sich selber aus. Freiwerden könne man von ihm nur in der kontemplativen, interesselosen Zuwendung zur Kunst. Dabei entziehe der Mensch sich seiner drängenden Kausalität, die ihn mißbraucht. Die eigentliche Möglichkeit, sich dem blinden Wirken dieser überpersönlichen Unvernüftigkeit zu entziehen besteht allerdings erst in der Askese. Die Ethik muß auf das Mitleid mit allen vom Willen Getriebenen gegründet werden. Schopenhauer war wohl der glänzendste Schriftsteller unter den Philosophen, der erst gegen Ende seines Lebens Anerkennung fand.